Alles ist so schrecklich ernst. Jetzt überhaupt und im B2B Marketing schon immer. Warum B2B Unternehmen sich kaum an Guerilla Marketing herantrauen, ist mir ein Rätsel: gerade in sehr faktenlastigen Marketing-Umgebungen lässt sich mit Guerilla-Marketing viel Aufmerksamkeit erregen - sofern man auch die eine oder andere Regel aus dem Content Marketing anwendet.
Quizfrage: Welches Filmgenre konsumieren B2B-Marketingexperten am liebsten?
a.) Krimis b.) Horrorfilme c.) Komödien d.) Dokumentationen Es sind: Komödien. Jedenfalls laut einer Umfrage einer amerikanischen Werbeagentur aus dem Jahr 2018. Quizfrage: welches Element fehlt bei vielen B2B-Kampagnen meist gänzlich? Genau: Humor. Was braucht man, um im Guerilla Marketing erfolgreich zu sein? Genau: Humor. Drei Gründe An dieser Stelle wird es Zeit für ein Geständnis: als ich kürzlich einen Online-Workshop zu Guerilla Marketing im B2B-Bereich gegeben habe, war es einigermaßen schwierig, dafür gelungene Beispiele zu finden. Möglicherweise aus drei Gründen: dass entweder Generationen von B2B-Marketingmanager*innen die Konstruktion Guerilla Marketing geprüft und kollektiv als untauglich für ihren Markt verworfen haben, oder dass es einfach zu wenige versucht haben. Oder dass einfach der Humor fehlt. Als Erklärung bleibt das Phänomen, das man bei Restaurants beobachten kann: auch wenn die Küche noch so schmackhaft und das Service noch so gut sind, wird ein Lokal, in dem wenige Gäste sitzen, Schwierigkeiten haben, mehr Gäste anzulocken — während das Restaurant daneben, vielleicht ohne gute Küche und freundliche Bedienung, alleine deshalb als attraktiv erscheint, weil sich dort die Gäste drängen. Man könnte es auch Herdenimmunität nennen. Ähnliche Motivation Obwohl die Disziplinen strukturell keineswegs vergleichbar sind, könnte aber Guerilla Marketing im B2B-Sektor aus ähnlichen Motiven einen Aufwärtstrend erleben wie es das Content Marketing schon vor Jahren getan hat. Kluge Marketingmenschen haben längst entdeckt, dass Content das eigene Marketing zum Produkt, zum Informationsprodukt nämlich, werden lassen kann und der Nutzwert der Inhalte der Goldstandard in der Unternehmenskommunikation ist, während plump interessengeleiteter Ego Content nicht mehr funktioniert. Guerilla Marketing könnte — jedenfalls in einer idealen Welt — zur Komplementärdisziplin werden: Was der Nutzwert für das Content Marketing, ist der emotionale Impuls, die ironische Verzerrung, für das Guerilla Marketing. LSD Guerilla Marketing, so heißt es, ist LSD. L für Low Cost. S für Surprise. D für Diffusion. Wobei L nur funktioniert, wenn D klappt, was wiederum auf S ankommt. Anders formuliert: Ob eine Guerilla Marketing-Maßnahme tatsächlich gegenüber klassischen Instrumenten wirkungsvoller ist, hängt sehr davon ab, ob es eine solche Initiative schafft, kognitive Schemata der Konsument*innen zu durchbrechen. Der Erfahrung oder auch Vermutung eines Menschen in Bezug auf ein bestimmtes Umfeld wird ein kontraintuitiver Reiz entgegengesetzt. Und erst wenn das funktioniert, wird der Konsument selbst zu Earned Media — indem er etwa Videos von solchen Aktionen teilt. Fahrt durch Brüssel Und da ergibt sich wieder eine gedankliche Tangente zum Content Marketing im B2B-Bereich: Vermutungen zu durchbrechen, kann nur gelingen, wenn aus demografisch großporigen Zielgruppen Personas werden, deren Bedürfnisse, Erwartungen, Gewohnheiten man exakt einzuschätzen weiß. Sehen Sie sich einmal dieses Beispiel aus Belgien an. Der Verband der belgischen Zeitungsverleger trachtete nach dem Beweis, dass Print noch immer Aufmerksamkeit erregen kann — und lud einige der wichtigsten Marketingchef*innen in Belgien dazu ein, einen Tag lang eine Limousine mit Chauffeur zu nutzen.
Freilich lebt Guerilla Marketing von der Nicht-Wiederholung, von Überraschung, vom Lustprinzip — nährt den Erfolg also aus gänzlich anderer Quelle als Content Marketing. Doch je enger Content und Guerilla aneinander gekettet sind, desto größer ist der Wirkungskreis beider Disziplinen — nach einer Guerilla Marketing-Maßnahme durch entsprechende Dokumentation und Bereitstellung von Content-Stücken wie Shareables und auch davor, weil sich — das glaube ich jedenfalls — jede Marketingmaßnahme künftig an der jeweiligen Content-Strategie orientieren muss.
Im Wald verschwunden Eines der bekanntesten Beispiele für Content-Strategie in Verbindung mit Guerilla Marketing ist — es wird Sie gleich frösteln — der Film „Blairwitch Project“. Schon Jahre vor Erscheinen des cineastischen Schockers haben die Filmemacher mit einer eigenen Website falsche Fährten gelegt und das Publikum im unklaren gelassen, ob das Verschwinden einiger Studierender in einem Wald echt oder bloß Fake sind.
Parental Advisory: B2B-Unternehmen ist eine derartige Schwerpunktsetzung auf rein fiktionalen Content nicht zur Nachahmung empfohlen.
Dialog-Intensität Und übrigens auch gar nicht nötig. Denn Guerilla Marketing entfaltet seine virale Wirkung gerade im B2B-Bereich eigentlich automatisch: Menschen, die sich von einer solchen Aktion im B2B-Bereich angesprochen fühlen, werden die Nachricht darüber wohl auch nur an solche Kolleg*innen weiterleiten, von denen sie annehmen, dass sie ebenfalls mit dem Thema etwas anzufangen wissen. Der Kunde oder die Kundin betreibt also selbst Zielgruppen-Management. Und verlassen Sie sich drauf: gerade im B2B-Sektor ist Viralität innerhalb der gewünschten Zielgruppe wegen derer Binnen-Dialogfreude leichter zu erreichen als bei B2C. Und: Sie werden in dieser Disziplin ein sehr schwaches Umfeld bei ihren Mitbewerbern vorfinden. Guerillero:Martin Schwarz, Gründer, Austriacontent Kommentare sind geschlossen.
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Oktober 2023
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