Kein Blick in die Glaskugel, sondern klare Empfehlungen: worauf Sie sich vorbereiten müssen, damit Ihre Content-Strategie im Jahr 2023 Wirkung zeigt. Von Martin Schwarz. 1. Haltbare Gefühle Wir haben es uns alle recht bequem eingerichtet in der Methodik des Content Marketings. Content Mission Statements, Personas, Sweet Spots. Es ist eine Methodik, die funktioniert – und sie wird weiterhin funktionieren, weil wir mit dieser Methodik ein halbwegs authentisches Bild der Informationsbedürfnisse unseres Publikums. Wir werden uns aber mehr Gedanken darüber machen müssen, ob wir mit dieser Methodik den möglichen ROI von Content Marketing-Kampagnen tatsächlich zur Gänze abschöpfen können. Die Antwort ist: wahrscheinlich nicht. Und zwar aus zwei Gründen: weil sich die klare Konturierung unserer derzeitigen Zielgruppen immer mehr auflöst und weil das Potenzial, das in Out Market-Buyers liegt, einfach enorm ist. Zum ersten Grund: spätestens seit der Pandemie und angesichts der derzeitigen Verwerfungen am Arbeitsmarkt wird offensichtlich, dass die Volatilität in den Buying Center unserer Kundschaft nicht mehr ausschließlich mit der gewohnten Methodik fassbar ist. Wer heute noch Entscheidungsträger:in in der IT ist, könnte morgen schon Geschäftsführer:in in der Verpackungsindustrie sein. Mit welchen Inhalten, so sollten wir uns überlegen, könnten wir also diese Job-Dynamik in unserer Content-Strategie abbilden? Es wird also darauf ankommen, zusätzlich Inhalte zu kreieren, die unsere User:innen emotional erreichen und Erinnerungsanker für eine Marke setzen, die aktiviert werden, wenn User:innen plötzlich durch ihren Jobwechsel von Out Market-Buyers zu In Market-Buyers werden. Praxistipp: wir haben uns eingehend mit emotionalem Content Marketing beschäftigt. Wenn Sie unser rund einstündiges Webinar zum Thema buchen möchten, senden Sie uns bitte eine Email. 2. Faces zu den Fakten
Unternehmen werden danach trachten müssen, die Interaktionsdistanz zwischen sich und ihren Kund:innen zu verkürzen. Argumente sind gut, Authentizität ist besser. Deshalb werden wir im kommenden Jahr mehr persönlich gefärbte Inhalte, auch mehr so genannten Thought Leadership-Content sehen und das wird sich erstens insbesondere auf LinkedIn und außerdem in den Content Hubs von Unternehmen zeigen. Letztlich wird das auch zu neuer Kreativität und Experimentierlust bei Content-Formaten führen müssen: Kolumnen, Podcasts, Opinion Pieces – Formate also, die die diese besondere Charakteristik persönlich gefärbter Inhalte hervorheben, werden Teil der Content-Planung werden müssen. 3. Bleiben statt suchen Keywords waren bisher die Saat, aus der reiche Ernte für manch Content Marketing-Kampagne zu gedeihen versprach – und schufen als Nebeneffekt eine klare Aufmerksamkeitshierarchie der an der Content-Produktion beteiligten Menschen: SEO first, User:innen später. Doch mit der Evolution der Suchmaschinen und ihrer Fähigkeit, Autorität und Qualität von Texten zu erkennen, wie es etwa das E.A.T.-Update von Google vorgibt, wird immer klarer: Kreativität sticht Keyword, Autorität sticht algorithmischen Aktionismus. Auf strategische Keywords kommt es zuerst einmal an und dann darauf, sich durch solide Recherche, userfreundliche Themenarchitektur und sprachliche Exzellenz die Loyalität von Leser:innen zu sichern. Es wäre auch klug: wir werden nämlich mehr Zero Click Searches erleben oder besser: eher nicht erleben. Die Keyword-Saat wird also nicht mehr in dem Maße aufgehen, in dem wir es alle gewohnt sind. 4. Employer2Employee Content Marketing Ein Mitarbeitermedium zu konzipieren, kann auf Basis zweier völlig unterschiedlicher Grundgedanken geschehen. Man muss sich einfach entscheiden: Entweder ist dieses Medium eine in Worte und Bilder gefasste Parallelwelt, in der Bruchlinien im Unternehmen nicht thematisiert und daher Pain Points der Mitarbeitenden nicht adressiert werden. Das ist Top Down-Kommunikation, in gedankliches Pastell gehüllt. Oft hübsch, selten zielgerichtet. Option zwei: Man hinterfragt die Befindlichkeiten, die Stimmung, das Level der Mitarbeiterbindung im Unternehmen, erkennt die Pain Points und baut darauf die Inhalte eines Magazins auf. Für Option zwei entscheiden sich nur relativ wenige Unternehmen: nur ein Viertel der Mitarbeitermagazine im deutschsprachigen Raum werden auf Basis von Mitarbeiterbefragungen konzipiert und gestaltet. Dabei wären jene Systeme und Methoden, die wir im Content Marketing schon seit langem nutzen, geradezu ideal in der internen Kommunikation anwendbar – von Personas bis zu thematischen Sweet Spots. Wir glauben, dass interne Kommunikation das nächste große Spielfeld für das Content Marketing wird. 5. Vorbereitet sein auf den Social Blackout Das leicht erratische Verhalten von Elon Musk bei der Führung von Twitter, seine Suspendierung unbotmäßiger Accounts, seine Abschaltung von Twitter Spaces oder des Newsletter-Dienstes Getrevue machen offenbar, wie zerbrechlich der Pakt zwischen User:innen und den Betreibern von sozialen Plattformen ist und wie sehr User:innen tatsächlich der Willkür der Betreiber ausgesetzt sind. Wir werden uns mit einigen schwierigen Fragen auseinandersetzen müssen: wie resilient ist unsere Content-Strategie gegen den Fall eines Social Blackouts? Was tun wir, wenn die Betreiber anderer Plattformen eine ähnliche Verhaltensauffälligkeit zeigen wie der aktuelle Eigentümer von Twitter und Brand Safety zu einem echten Problem wird? Was passiert dann mit unserer Content-Distribution? All diese Fragen können aus unserer Sicht in einer entscheidenden Frage münden: wie gut sind wir für einen Social Blackout gewappnet? Die Antwort darauf ist: wir müssen danach trachten, unsere Content Distribution auch unabhängiger von sozialen Netzwerken zu machen, ohne dabei die zweifellos gedeihliche Social Media-Arbeit zu vernachlässigen. Wir werden uns, auch mit Unterstützung von Social Media, um den Aufbau eigener Communities, um die Stärkung unserer eigenen Content Hubs (siehe Punkt 2 und 3) und wohl auch wieder um eine Attraktivierung des Mulis unter den Trägermedien – des Newsletters – kümmern müssen. Aber: Das wird Ressourcen erfordern. Nebenbei erwähnt: ich erwarte, dass uns zwei Plattformen wegen ihrer besonderen Charakteristik auch im Jahr 2023 viel Freude bereiten werden. LinkedIn und Pinterest. Denn was Ersteres für B2B ist, wird Zweiteres immer mehr für B2C. 6. Künstliche Intelligenz und Erwartungsmanagement GPT3 und andere Tools künstlicher Intelligenz werden vom oftmals belächelten Hype zum natürlichen Werkzeug werden – auch im Content Marketing. Doch wir befinden uns noch in einer Phase, in der darauf achten müssen, die Balance zu wahren zwischen dem, was wir der Technologie zutrauen und dem, was wir uns als User:innen und Laborant:innen der KI zumuten können. Zuerst einmal sollten wir für uns klären, für welches Problem denn KI eine Lösung sein kann. Nein, wir haben kein Problem mit qualitativ hochwertigen Inhalten, mit Recherche nach journalistischen Maßstäben, mit sprachlicher Finesse, mit argumentativem Esprit in unseren Texten. Aber vielleicht haben wir Bedarf bei planerischer Routine und in der Peripherie des Content Marketings: ganz banal bei der Zuordnung von Keywords zur Suchintention, was für uns übrigens mit GPT3 ganz hervorragend und schnell funktioniert oder bei der Produktion von eher redundanten Inhalten etwa auf Social Media. Und wir müssen uns im Klaren darüber sein: es gibt nicht die eine KI. Wie hilfreich sie uns sein wird, kommt alleine darauf an, worauf wir sie trainieren und wie wir mit ihr arbeiten. Sie ist ein Appendix menschlicher Kreativität. Zerstören wir sie nicht, indem wir etwas von ihr erwarten, ohne etwas von uns zu erwarten. 7. Sparen im System Ungenutzte Software ist das tote Gewebe im Organismus eines Unternehmens. Und in den Marketingabteilungen dieser Welt gibt es eine Menge dieses toten Gewebes. Laut einer aktuellen Studie haben knapp 40 Prozent der Marketing-Manager:innen in ihrem Bereich Software entdeckt, die nie genutzt, aber für die bezahlt wurde oder wird. Nachdem die Marketing-Budgets im Jahr 2023 vermutlich nicht unermesslich steigen werden, ist eine Evaluierung der tatsächlichen Nutzung von SaaS-Diensten und anderen Bestandteilen des Martech Stacks ein eleganter Weg, nicht dort sparen zu müssen, wo es an die Substanz geht – und die Substanz heißt immer Kreativität. Wir gehen davon aus, dass sich im Jahr 2023 mehr Marketing-Manager:innen einmal durch ihre Software-Abos arbeiten und das eine oder andere unberührte Stück entdecken werden. Hier kommen Sie direkt zum Online-Neujahrsempfang am 12. Januar 2023 um 16.00 Uhr. Kommentare sind geschlossen.
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