Die Versuchung ist groß, das Ergebnis meist ernüchternd: Unternehmen sollten in einer Phase einer globalen Krise nur kommunizieren, wenn sie auch etwas wirklich Relevantes beizutragen haben – und nicht dem Bandwagon-Effekt erliegen. Fünf Impulse für sicheres Kommunizieren in bitteren, unsicheren Zeiten. 1. Wer nichts beizutragen hat, muss nicht viel sagen. Die Verlockung mag groß sein, sich zum Krieg in der Ukraine zu positionieren und zu äußern, also vordergründig Haltung zu zeigen. Doch auch in einem Umfeld, in dem sich die Ereignisse zu überschlagen scheinen, gilt es, sich nicht vom Bandwagon-Effekt mitreißen zu lassen: wer nicht relevante Informationen zu teilen oder substanziell etwas beizutragen hat, der sollte nicht versuchen, ein solches Thema für eigene Zwecke zu kidnappen. Haltung kann in extremen Situationen wie dieser auch Zurückhaltung und Innehalten bedeuten. Kommunizierte Haltung ohne nachvollziehbare Substanz und Empathie hat nämlich einen schalen Beigeschmack: Dass es in erster Linie nicht um Sympathie für die von Krieg und Gewalt und einem Aggressor bedrohten Menschen in der Ukraine gehen könnte, sondern um eine ziemlich kostenfreie und risikolose, ja geradezu selbstverständliche Positionierung. Denken wir an die Kampagne vieler Unternehmen für die Corona-Impfung: da ging es darum, den Versuch zu unternehmen, eine gesamtgesellschaftlich sinnvolle Wirkung zu erzielen, durch das eigene Engagement eben einen Unterschied zu machen - und risikolos war das angesichts der erbittert geführten Debatten um die Impfung auch nicht unbedingt. Haltung beginnt dort glaubwürdig zu werden, wo sie eben auch einen Preis haben könnte. 2. Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter:innen. Bei keinem weltpolitischen Ereignis waren Social Media-Kanäle in der Meinungsbildung bisher so normativ wie im gegenwärtigen Krieg in der Ukraine – mit allen Nebenwirkungen der Desinformation, der Geschmacklosigkeiten, auch der Gnadenlosigkeit. Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter:innen für die Verantwortung, die sie auch in ihrem ganz persönlichen Tun auf diversen Social Media-Kanälen haben. 3. Ein Slogan ist noch keine Solidarität. Hüten Sie sich davor, etwa Ihre Slogans an die derzeitige Situation anzupassen und womöglich noch in blau-gelb zu färben oder Ihr Logo auf blau-gelbem Hintergrund zu platzieren. Das ist definitiv nicht Empathie und hat auch nichts damit zu tun, echte Solidarität zu zeigen. Der/die Kund:in wird die Absicht merken und verstimmt sein, Ihre Marke könnte dadurch mittelfristig beschädigt werden. Ganz deutlich: Ein Krieg ist kein Marketing-Moment. Leid ist kein Marketing-Moment. Verzweiflung ist kein Marketing-Moment. Um ihr Leben bangende Menschen sind kein Marketing-Moment. Eine Invasion auf europäischem Boden ist kein alternativer Super Bowl. Beachten Sie: Purpose braucht immer den Beweis, die Handlung. 4. Achten Sie auf Ihre Tonalität. Wenn Ihr Unternehmen etwas beitragen kann, etwa weil Sie für humanitäre Zwecke spenden, weil Sie Mitarbeiter:innen in der Ukraine haben oder weil Sie als Verkehrsunternehmen oder auch Telekommunikationsanbieter sehr direkt helfen können, so kommunizieren Sie dies in einer sachlichen, nüchternen Sprache – und vermeiden Sie nach Möglichkeit den Hinweis auf Ihre auch ansonsten exzellenten Produkte oder Ihr umfassendes Purpose-Verständnis. Haltung ist nur so gut, wie der/die Konsument:in sie versteht, ohne dass Sie sie extra deklinieren müssten. 5. Hören Sie zu. Auch wenn Ihr Unternehmen erstens kaum von der derzeitigen Situation betroffen sein sollte und zweitens vorübergehend zurückhaltend auf Social Media-Plattformen agiert, so beobachten Sie die Entwicklungen an den Schnittstellen zwischen dem politischen Kontext und Ihrer Branche genau. Verfolgen Sie auf den diversen Social Media-Plattformen, wie Ihre Kund:innen und Branchenexpert:innen derzeit kommunizieren oder wie Ihr unmittelbarer Mitbewerb agiert, um im Falle des Falles angemessen reagieren zu können. Kommentare sind geschlossen.
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Oktober 2023
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