Rechnet sich Content Marketing denn überhaupt? Die Antwort auf diese Frage verbirgt sich im Unterschied zwischen Wirkung und Ergebnis. Wird erstere nicht gesamtheitlich betrachtet, wird Letzteres auch keine Freude machen. Eine Argumentationshilfe für all jene, die immer schon mit dem Begriff ROI im Marketing gehadert haben. Mit Grafik zum Herunterladen! Eines der schwierigen Dinge im Content Marketing ist die starke Diskrepanz zwischen Eigen – und Fremdwahrnehmung. Selbst wähnt man sich zweifellos in unmittelbarer Nachfolge eines interdisziplinär taltentierten Michelangelo, der jeden Pinselstrich so kunstvoll setzt, dass ein faszinierendes Gemälde farbenreicher Inhalte entsteht – mit einer feinen Content-Strategie als Ergebnis. Für manche Kund:innen allerdings ist man nur der Schildermaler, der vor einem Restaurant ein quietschbuntes Schild gestaltet hat und dessen Erfolg darin bemessen wird, um wie viel der Bierkonsum in dem Lokal angestiegen ist und wie schnell sich das Honorar für das Schild amortisiert hat. Tatsächlich ist man in solchen Fällen geneigt, der Kundschaft zu vermitteln, dass es auch ein paar Hundert Jahre gedauert hat, bis sich die Mona Lisa als Publikumsmagnet für den Louvre ausgezahlt hat. Man weiß aber auch, dass eine auf mehrere Hundert Jahre gestreckte ROI-Perspektive kein wirklich verführerisches Argument für Kund:innen ist. Risiko Revenue Doch was ist denn eigentlich der ROI von Content Marketing? Oft genug ist man mit dieser Frage konfrontiert und kommt dann in die Versuchung, einen einzigen Faktor, eine Maßnahme und das Ergebnis daraus herauszugreifen. Wie etwa diesen: für einen unserer Kunden gestalten wir seit einiger Zeit einen monatlichen Newsletter, dessen Öffnungsraten etwa doppelt so hoch sind wie jene anderer Unternehmen in der gleichen Branche. Sagt uns das schon etwas über den ROI? Nicht wirklich. Genauso schwierig ist es allerdings, den ROI im Zusammenhang mit Content Marketing bloß mit dem direkten Effekt auf „Sales Revenue“ erklären zu wollen. Weil man sich den ROI gerade bei so langfristigen und vielschichtigen Initiativen wie einer Content-Strategie entweder schön rechnen oder beiseite argumentieren kann. Tim Soulo, Marketingchef des SEO-Tools ahrefs hat vor einiger Zeit in einem langen Thread auf Twitter eine einfache Formel für die Suche nach dem ROI gefunden, die ich mal stark verkürzt so übersetzen wollen würde: Vergesst es. Denn Content Marketing ist besser und wirkt in so vielen unterschiedlichen Richtungen, dass es Unsinn wäre, Content Marketing als einarmigen Banditen zu betrachten, bei dem man oben eine Münze einwirft, einen Hebel betätigt und unten viele Münzen erwarten könnte. Soulo schreibt: „Wir werden nicht nachverfolgen, wie viele Leads wir durch unsere Artikel organisch erhalten, geschweige denn, wie hoch der CPA für bezahlten Traffic zu unseren Artikeln ist. Die Messung dieser Dinge wäre nur die Spitze des Eisbergs.“ Und Soulo führt an, wie Content Marketing wirkt, ohne dass die Wirkung eines Beweises bedürfte: Content führt bei ahrefs wegen guten SEOs zu einem konstanten Stream an Leads; Help Content führt dazu, dass User:innen sich mit dem doch komplexen Produkt wohler fühlen, es professioneller nutzen, damit besser ihre Ziele erreichen und weiter mit ahrefs arbeiten; Content hilft, User:innen von einem Upgrade ihres bestehenden ahrefs-Abos zu überzeugen, weil sie neue Funktionen entdecken; Content ist ein wunderbares Instrument, um den „Mere Exposure Effect“ zu verstärken, also durch steten Kontakt mit den Inhalten von ahrefs über mehrere Kanäle ein Gefühl von Vertrautheit mit dem Produkt zu erzeugen. Vermessen Wie können Sie also den Wohlfühlfaktor Ihrer Zielgruppen messen, wie können Sie beziffern, wie sehr Content dazu beiträgt, dass Ihre Kund:innen irgendwo ein Upgrade durchführen? Klar: Sie können Klickströme nachverfolgen, Modelle zur Berechnung der direkten Wechselwirkung zwischen Content und ökonomischen Zielen kreieren. Aber all das bleibt nur ein schlecht beleuchteter Winkel bei der Betrachtung des ROI. Die Wahrheit ist: ob Content wirkt oder nicht, offenbart sich manchen Unternehmen erst, wenn es ihn nicht mehr gibt. Freilich ist auch das eine unbefriedigende Antwort und mit unbefriedigenden Antworten möchten wir Sie nicht alleine lassen. Deshalb kehren wir noch einmal zurück zu unserem – real existierenden – Newsletter-Beispiel: eine Öffnungsrate, die doppelt so hoch ist wie im Branchenvergleich und eine beeindruckende Klickrate obendrein sind ein feiner Erfolg. Ein echter ROI lässt sich allerdings erst hinterlegen, wenn etwa ein definiertes Ziel damit verbunden wird. Etwa: wir wollen unsere Brand Awareness bei Frauen zwischen 25 und 45 erhöhen und innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Unique Visits unseres Blogs oder die Newsletter-Öffnungen aus dieser Personengruppe in jedem Quartal um zehn Prozent steigern. Von dieser Gruppe der Empfänger:innen besucht dann eine bestimmte Prozentzahl ein im Newsletter erwähntes Webinar und von den Webinar-Besucher:innen kauft dann vielleicht ein bestimmter Prozentsatz ein Produkt. Sie sehen: es ist alles andere als trivial, tatsächlich eine direkte Linie zwischen Inhalt und Sales zu zeichnen. Gemeinsames Verständnis Ebenso kann man innerhalb einer Content-Strategie durchaus eine Zielverschiebung anstreben: wenn es denn vor allem Leads oder gar Sales sein sollen, lässt sich ja durchaus der Schwerpunkt der Themenarchitektur dorthin legen – erfahrungsgemäß aber ist die reine Konzentration auf diesen Zweck nicht unbedingt praktikabel. Da kommen wir nämlich in eine gefährliche Nähe zum Schildermaler – mit üblen Konsequenzen für die Qualität der Inhalte. Und ganz ehrlich: um wirklich feststellen zu können, wie Inhalte sich auf Sales auswirken, braucht es schon ein ausgefeiltes Set an Tools und Metriken – gerade bei kleineren Unternehmen halten sich da Aufwand und Erfolgserlebnis selten die Waage. Aber lassen wir doch noch einmal Tim Soulo zu Wort kommen. Wie würde er denn reagieren, sollte er irgendwann einmal doch draufkommen, dass ihm die ganzen Stories und Infografiken und Videos nichts nützen? "Und wenn wir diese Zahlen messen würden und sie furchtbar ausfielen ...? Wir würden unsere Content-Marketing-Aktivitäten trotzdem nicht einstellen! Wir WISSEN, dass es für uns funktioniert, egal, was diese 'isolierten' Zahlen sagen." Content Marketing hat einen Preis. Seinen Wert aber entdeckt man aber manchmal leider erst, wenn man es sein lässt. Der AutorMartin Schwarz ist geschäftsführender Gesellschafter der AustriaContent Moss & Schwarz GmbH.
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Oktober 2023
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